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Ciro Immobile und der goldene Schuh - fr.de

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  • Jakob Böllhoff

    vonJakob Böllhoff

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Der italienische Stürmer von Lazio Rom ist der Top-Torjäger im europäischen Fußball. Bei seinem Ex-Klub Borussia Dortmund können sie das kaum glauben.

Manch Dortmunder schwört bis heute, es sei Betrug gewesen, und immer noch fragen sich die Leute, wer der Gaukler wirklich war, der im Jahre 2014 in ihre Stadt kam und behauptete, er sei es: Ciro Immobile! Sagenhafter Fußballspieler aus dem wunderschönen Kampanien. Was wollt ihr sehen, liebe Leute? Tore oder viele Tore oder noch ganz viele Tore mehr? Ah, schaut mal, da hinten! Und schon war er wieder verschwunden aus Dortmund, dieser „Ciro Immobile“, kaum dass er überhaupt da gewesen wäre, war mit dem Wind zurück in den Süden geflogen, und in Dortmund schauten sie sich verwundert an, bedrängt vom Gefühl, dass da gerade etwas furchtbar schiefgelaufen ist.

Es ist schwer zu begreifen, nach wie vor. Drei Tore hat der Italiener damals in der Bundesliga geschossen für Borussia Dortmund. Drei Tore – eine Farce für diesen begabten Mann. 35 Treffer hat der heute 30-Jährige ja alleine in der aktuell laufenden Saison erzielt, für Lazio Rom, und damit ist er einen Spieltag vor dem Ende der Saison in der Serie A nicht nur auf dem allerbesten Wege, Torschützenkönig in Italien zu werden (Hauptkonkurrent Cristiano Ronaldo von Meister Juventus Turin steht bei 31 Toren), sondern auch den Goldenen Schuh zu gewinnen, die offizielle Auszeichnung für den erfolgreichsten Torjäger Europas. Mit seinem 35. Treffer, am Mittwochabend erzielt beim 2:0-Sieg gegen Brescia Calcio, konnte er im Ranking Robert Lewandowski entkommen, der für Bayern München in der beendeten Bundesliga-Saison 34-mal traf und das Prestigeobjekt Goldener Schuh erneut verpasst. Diesmal sogar, obwohl die Superstars Lionel Messi (25 Tore für Barcelona) und Ronaldo ausnahmsweise nicht ganz oben stehen.

Es ist nicht ohne Ironie, dass es Immobile ist, der Lewandowski ins Leere laufen lässt. Es war ja der Italiener, der im Sommer 2014 – auch als amtierender Torschützenkönig der Serie A übrigens – für 18 Millionen Euro vom FC Turin zu Borussia Dortmund kam, wo er den nach München verschwundenen Lewandowski ersetzen sollte. Und kläglich scheiterte. An den Erwartungen. An Deutschland. An sich selbst.

In Dortmund erlebten sie damals einen Mann auf Sinnsuche. Es passte nicht. Hätte es gepasst, wäre dem BVB vor sechs Jahren wohl nicht diese verhängnisvoll schwache Saison unterlaufen, an deren Ende die historische Entscheidung stand, sich vom Meistertrainer Jürgen Klopp zu trennen; eine Entscheidung, an welche sich die Dortmunder inzwischen, da Klopp sich beim FC Liverpool als einer der besten Trainer der Fußballgeschichte zu erkennen gibt, mit zitternder Unterlippe erinnern. Hätte es gepasst, hätte Immobile nach seinem Abschied 2015 vermutlich nicht in einem Interview mit dem „Kicker“ versichern müssen: „Nein, ich raste nicht in Unna wie ein Verrückter herum. Nein, meine Frau und ich verweigerten keinen Deutschlehrer.“ Der Boulevard übertreibe da maßlos.

Aber auch ohne Übertreibung lieferte Immobile dem Boulevard Stoff. Noch während der Zeit in Dortmund klagte er in italienischen Medien über die deutsche Mentalität im Allgemeinen und jene in der BVB-Mannschaft im Speziellen. „Die Deutschen sind kalt, da kann man nichts machen“, erzählte er im Frühjahr 2015, und die Atmosphäre in der Kabine sei wenig herzlich: „In den acht Monaten, seit denen ich hier bin, hat mich kein Teamkollege zu sich nach Hause zum Abendessen eingeladen.“ Da sah sich der Klubboss Hans-Joachim Watzke gezwungen, ein öffentliches Statement abzugeben und festzuhalten, dass es „unterschiedliche Ansichten von Kulturen zu geben“ scheine zwischen Immobile und Borussia Dortmund.

Die garstige deutsche Sprache, die für alle Italiener hin und wieder klingt, als verschlucke sich da jemand an einer Bratwurst, war ein Problem und blieb es. „Ich sage das mal ehrlich: Deutsch war verdammt schwer zu lernen“, sagte Immobile. Jürgen Klopp immerhin habe ihm noch einen Übersetzer zugestanden, aber dann ging Klopp im Sommer 2015, und es kam ein dünner Mann namens Thomas Tuchel nach Dortmund, und Immobile erkannte schnell, dass es mit Tuchel nicht wärmer würde beim BVB. „Tuchel verbot den Übersetzer. Das war kompliziert, denn ich verstand den Mister kaum. Hätte ich bleiben wollen, hätte ich die Sprache lernen müssen, und das hätte gedauert.“

Aber er wollte ja nicht bleiben, und vermutlich war das sein Glück. Beim FC Sevilla im angenehm temperierten Spanien erholte sich nämlich sein Torinstinkt, und schließlich landete Ciro Immobile 2016 in der italienischen Hauptstadt, bei Lazio, wo er seinen Aufschwung fortsetzte. In diesem Jahr wäre sogar der Meistertitel drin gewesen, hätte die Mannschaft von Trainer Simone Inzaghi sich nicht diesen Einbruch im Juli erlaubt, unmittelbar nach der dreimonatigen Corona-Pause. So bleibt immerhin die Qualifikation für die Champions League, und natürlich für Immobile nach einer sensationellen Saison höchste individuelle Torjägerweihen, mit denen er eigentlich selbst nicht mehr gerechnet hatte. Als Cristiano Ronaldo 2018 nach Turin wechselte, war Immobile gerade Torschützenkönig geworden, und das sei natürlich toll, erklärte Immobile, denn für die Zukunft könne er das ja vergessen, jetzt, da Ronaldo in Italien spiele, der bekanntlich immer und überall die meisten Tore schießt.

Ciro Immobile täuscht sich also manchmal auch in sich selbst. Wie beruhigend für die Dortmunder.

Blick nach Europa

Deutschland: Urlaub kennt Robert Lewandowski nicht. Zumindest versteht er unter diesem Wort etwas anderes als bloße Entspannung, Relaxen, Nichtstun. Für den polnischen Stürmer von Bayern München heißt Urlaub auch: Mehr Zeit zum Trainieren. Auf Instagram zeigte der Pole, wie er die spielfreie Zeit zwischen DFB-Pokalfinale und Champions League nutzte: Auf dem Rad, auf der Sportmatte, beim Kaffeetrinken mit seiner Frau Anna, einer Karateka und Fitness-Influencerin. Dabei hätte es sich der Bayern-Stürmer verdient, die Füße hochzulegen: Für die Münchener Serienmeister traf Lewandowski in der abgelaufenen Saison 34 mal in 31 Spielen. In allen Wettbewerben erzielte der Pole sogar 51 Treffer in 43 Partien. Werte, die eine Auszeichnung mit dem Ballon d’Or als besten Spieler der Welt gerechtfertigt hätten, wie zumindest die Bayern-Bosse um Karl-Heinz Rummenigge finden. Doch der Goldene Ball soll wegen der Corona-Krise in diesem Jahr nicht vergeben werden. Anders die Auszeichnung des Fifa-Weltfußballers: „Wir prüfen verschiedene Optionen, in welcher Form wir etwas durchführen würden“, sagte ein Fifa-Sprecher am Donnerstag zur Preisverleihung, Lewandowski darf also hoffen – und könnte seine Torausbeute beim anstehenden Champions League-Turnier in Lissabon weiter ausbauen. Vorausgesetzt, Chelsea zieht den Bayern im Achtefinalrückspiel nicht doch noch die Lederhosen aus.(sbh )

England: Jamie Vardy Der alte Mann und der Schuh: Das für heutige Fußballer fast biblische Alter von 33 Jahren musste Jamie Vardy erreichen, bis er den Goldenen Schuh des besten Torjägers in der britischen Premier League in den meist wolkenverhangenen Himmel über England stemmen durfte. Nun war es endlich soweit: 23 Tore in 35 Partien waren dafür nötig. Im Schnitt traf der Stürmer von Leicester City alle 131 Minuten. Und er sicherte sich einen Rekord: Mit seinen 33 Jahren ist Vardy der älteste Torschützenkönig, den die Premier League je hatte. Das passt, denn das Kind aus einer englischen Arbeiterfamilie ist ein Spätstarter: Als junger Erwachsener arbeitete er in einer Fabrik, als 20-Jähriger spielte er in der achten Liga. Erst als er mit 25 Jahren für eine Million Pfund zu Leicester City wechselte, nahm seine Karriere Fahrt auf: Mit dem Zweitligisten stieg er in die Premier League auf, die der Klub 2016 sensationell gewann. Erst als 27-Jähriger hatte Vardy seinen ersten Einsatz in der höchsten britischen Spielklasse gehabt. Mit der Torjägerkrone schreibt Vardy das nächste Kapitel eines modernen Fußballmärchens. Vardys Trinkgewohnheiten während der Meistersaison (verdünnter Portwein aus Plastikflaschen, mehrere Energydrinks pro Spieltag) sind legendär. Inzwischen lebt er gesünder: Seine Schuhe wird der alte Mann wohl nicht so schnell an den Nagel hängen. (sbh)

Spanien: Lionel Messi Es lief schon mal besser für Lionel Messi und den FC Barcelona: Platz zwei in der Liga, fünf Punkte hinter den Königlichen aus Madrid; im Copa del Rey rausgeflogen, und das Achtelfinalrückspiel gegen den SSC Neapel in der Champions League ist nach dem 1:1 im Hinspiel kein Selbstläufer. Es droht eine titellose Saison. Immerhin, der argentinische Superstar lieferte ab, und zwar in allen Kategorien: In 33 Ligaspielen schoss Messi 25 Tore – und legte 22 weitere Treffer auf. Wettbewerbsübergreifend waren es 30 Tore und 26 Vorlagen in 42 Spielen. Auch mit 33 Jahren ist der Argentinier Weltklasse: In der vergangenen Spielzeit gewann er nicht nur die Torjägerkrone in Spanien, sondern durchbrach auch die Schallmauer von 700 Karrieretoren. Zuletzt sorgte Messi abseits des Platzes für Schlagzeilen. Seine Kritik am Auftreten der Katalanen („Seit Januar lief alles schlecht“) interpretierten Medien als Angriff auf Trainer Quique Setien, der den FCB seit Januar trainiert. Auch in der Kabine soll es Probleme geben, weil der fünfmalige Weltfußballer als Barça-Heiligtum unberührbar sei. In den vergangenen Wochen kursierten deswegen Gerüchte, Messi könnte zu Inter Mailand flüchten. Große Hoffnungen macht man sich dort nicht: „Es ist einfacher, den Mailänder Dom zu versetzen, als Messi nach Mailand zu bringen“, sagte Inter-Trainer Antonio Conte. (sbh)




July 30, 2020 at 08:02PM
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